Die aktuellen Senatspläne, laut denen die Kita-Notbetreuung massiv ausgeweitet werden soll, sind für uns nicht verantwortungsvoll zu realisieren! Wir wünschen uns einen (digitalen) runden Tisch zur Entscheidungsfindung für neue Maßnahmen.

Offener Brief
an die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie

Sehr geehrte Frau Senatorin Scheeres,

als Träger von Kindertagesstätten in Berlin müssen wir Ihnen mitteilen, dass die aktuell vom Senat beschlossenen Maßnahmen bezüglich der Ausweitung der Notbetreuung (siehe 13. Trägerinformation vom 12. Mai 2020) in den meisten unserer Einrichtungen nicht umsetzbar sind.

Wir möchten einerseits die Wünsche der Eltern bzgl. der Ausweitung der Betreuungszeiten sowie die Bedarfe der Kinder in unseren Kitas erfüllen. Andererseits müssen wir auch die verordneten Corona-Schutzmaßnahmen umsetzen und dafür die Verantwortung tragen, dass Kinder wie Mitarbeiter*innen möglichst ungefährdet bleiben, damit sich keine neuen Infektionsketten bilden. Zwischen den vom Senat formulierten neuen Regelungen für die Notbetreuung und den aktuell zur Verfügung stehenden Kapazitäten vor dem Hintergrund der Corona-Vorschriften klafft eine große, für uns derzeit nicht zu schließende Lücke. Resignative wie wütende Reaktionen der Betroffenen sind die Folge, es gibt Stress an den Eingangstüren unserer Einrichtungen. Das ist für uns umso schmerzlicher, als bisher alle Beteiligten mit größter Rücksichtnahme und hohem persönlichem Einsatz die Krise bewältigt haben: Unsere Mitarbeiter*innen in der Notbetreuung, wir als unterstützender Träger mit einem den Kitabereich überschreitenden sozialräumlichen Netzwerk ebenso wie die Eltern, die ohne das gewohnte Unterstützungssystem ihren Alltag organisieren mussten.

Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass viele Betroffene bei der Entscheidungsfindung für diese Regelungen - anders als sonst üblich - nicht einbezogen wurden. Daher rufen wir dazu auf, die Maßnahmen zu überdenken und neu zu justieren. Wir wünschen uns einen (digitalen) runden Tisch, an dem Vertreter von sämtlichen relevanten Gruppen beteiligt werden, um alle Perspektiven und insbesondere die der Eltern und Kinder zu berücksichtigen. Nach Abwägung sämtlicher Argumente der verschiedenen Interessensgruppen sollten realisierbare Maßnahmen beschlossen werden. Dazu sollte die Prüfung der Bereitstellung von Corona- und Antikörpertests gehören, um die weitere Öffnung von Bildungseinrichtungen sichernd zu unterstützen.

Wir möchten betonen, dass auch wir so rasch wie möglich zum Regelbetrieb in den Kitas zurückkehren möchten. Kinder brauchen Kinder, eine Kita ist ein unersetzlicher Bildungsort für sie (vgl. unsere öffentliche Stellungnahme vom 20. April). Aufgrund vieler Gespräche und einer aktuellen eigenen Umfrage wissen wir um die Not der Eltern, Arbeit und Kinderbetreuung in Zeiten der Pandemie zu vereinen sowie Spielpartner für ihr Kind zu finden. Gleichzeitig sehen wir uns aber in der Verantwortung, Kinder, Familien und die Mitarbeiter*innen unseres Hauses vor allzu großen gesundheitlichen Risiken zu schützen und eine qualitativ gute pädagogische Betreuung zu gewährleisten.

Eine Kopie dieses Schreibens geht auch an unseren Spitzenverband, den Paritätischen Landesverband Berlin, mit dem wir zu diesem Thema in ständigem Austausch sind und der unsere Anliegen unterstützt.

Es grüßt Sie freundlich

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Ludger Pesch
Direktor des Pestalozzi-Fröbel-Hauses

Berlin, den 14. Mai 2020