Eine Stellungnahme aus dem Fachbereich Kita des Pestalozzi-Fröbel-Hauses
Berlin, den 15. Januar 2021
Das Risiko einer Ansteckung mit dem Corona-Virus ist für Erzieher*innen in der pädagogischen Arbeit sehr hoch, wie eine am 21.12.2020 publizierte Studie der AOK auch belegt.
In der täglichen Kinderbetreuung kommen Erzieher*innen und Kinder aus vielen verschiedenen Haushalten zusammen. Damit die Gruppen klein bleiben und wir Kontakte möglichst reduzieren, betreuen wir Kinder häufig nur an einzelnen Tagen. Die Erzieher*innen haben im Laufe der Woche aber dennoch Kontakt zu allen Kindern. Anders als in den meisten Berufsgruppen können sich die pädagogischen Fachkräfte im Kita-Alltag nicht durch Abstand und Tragen von Masken vor einer Infektion schützen. Dadurch sind neben den Erzieher*innen auch die betreuten Kinder und deren Familien einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt.
In der aktuellen Situation und kurz nachdem die Berliner Corona-Ampel erstmals 3 Mal „Rot“ zeigte ist aus unserer Sicht nicht der richtige Zeitpunkt, um über eine Lockerung der Notversorgung in den Kitas zu sprechen. Dementsprechend wurde auch die Öffnung der Schulen terminlich verschoben.
Der inzwischen angedachte Wechselbetrieb in den Berliner Kindertagesstätten ist sicherlich aus der Perspektive der Pandemiebekämpfung richtig, verringert jedoch das Infektionsrisiko für die Erzieher*innen vermutlich nur unwesentlich und schützt die Kinder und Familien in unseren Einrichtungen nicht ausreichend. Für einen wirksamen Schutz sind weitere Maßnahmen notwendig.
Auch wir wollen im Interesse der Kinder und der Familien eine möglichst schnelle Rückkehr in den Regelbetrieb. Dafür braucht es Maßnahmen, die im Moment Kontakte auch in den Kitas möglichst verhindern und Lösungen, mit denen wir gemeinsam mit den Familien durch die Krise kommen. Die momentane Lösung (bzw. die fehlenden Regelungen hierzu) entzweien Kitas und Elternschaft und gefährden darüber hinaus die Gesundheit aller.
Wir benötigen für unsere Kitas mehr unterstützende Maßnahmen sowie detailliertere Regelungen, um den verschiedenen Anforderungen aus den Bereichen Pandemiebekämpfung, Schutz von Mitarbeiter*innen und Kindern sowie Unterstützung von Familien gerecht werden zu können. Auf der einen Seite müssen und wollen wir unseren Betreuungsauftrag erfüllen, denn jedes Kind hat ein Grundrecht auf Bildung und Erziehung. Doch ab wann müssen wir das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit stärker gewichten, um einer ungehemmten Ausbreitung der Infektionen entgegenzuwirken? In Bezug auf COVID-19 heißt das: Ab welcher Betreuungsquote müssen wir in unseren Kitas das Angebot weiter einschränken? Welche Anzahl von Kontakten ist maximal vertretbar? Was wird als Mindestangebot für Familien erwartet? Kitaleitungen können und dürfen nicht diejenigen sein, die Infektionsrisiken einschätzen und daraus resultierend eventuell folgenschwere Entscheidungen treffen. Wir möchten, dass konkreter über die Realisierung und Gestaltung einer angemessenen Notbetreuung nachgedacht wird, dass Wege und Grenzen aufgezeigt werden. Aktuell befinden wir uns in einem Anforderungsdilemma ohne klare Regeln, das die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern schwer belastet.
Derzeit müssen Kitaleitungen den Betreuungsbedarf individuell hinterfragen, um die Anzahl der Kinder in den Häusern möglichst gering zu halten. Eltern müssen ihre Anfrage rechtfertigen und oft mehr über ihre persönlichen und familiären Verhältnisse preisgeben, als ihnen recht ist. Dadurch kann rasch eine Atmosphäre des Unbehagens und Misstrauens entstehen, welche die Beziehungen unter Umständen dauerhaft belastet. Wir wünschen uns vom Senat klare Vorgaben, unter welchen Umständen Eltern einen Betreuungsanspruch in der Kita anmelden dürfen. Außerdem muss eine Kita eine klare Orientierung erhalten, welche Schutzmaßnahmen mit Priorität gelten und wann (ab welcher Gruppengröße/ ab welchem Personalschlüssel) das Betreuungsangebot eingeschränkt werden muss. Welche Kinder dürfen wie lange und in welcher Anzahl betreut werden?
Wir fordern, die Kontakte in den Kitas auf ein Minimum beschränkt zu lassen, solange das Infektionsgeschehen auf sehr hohem Niveau verbleibt, um schneller in den Regelbetrieb zurückkehren zu können. Der Zugang zur Notversorgung sollte vorerst eingeschränkt bleiben.
Wir fordern darüber hinaus, Erzieher*innen in den Kitas früher bei den Impfungen gegen Corona zu berücksichtigen. Nur so können Kitas schnell zu sicheren Orten für die Kinder werden und Entlastung für die Familien schaffen.
Wir fordern eine verbesserte Teststrategie für den Kitabereich. Regelmäßige Tests auch ohne Infektionsfälle sollten auch in den Kitas Standard sein, um symptomfreie Infektionen schnell aufzudecken. Diese Tests müssen unkompliziert und ohne tagelange Wartezeiten zur Verfügung stehen.
Wir erwarten außerdem die Beteiligung von Mitarbeiter*innen aus der Praxis an den Beratungen für Regelungen im Kitabereich und stehen dafür gern zu Verfügung.
Kontakt
Julia Kocher
Pestalozzi-Fröbel-Haus/ Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Karl-Schrader-Str. 7-8
10781 Berlin
Mobil: 0177 59 47 485
E-Mail: kocher@pfh-berlin.de