Als fachpolitisch aktiver Träger der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe in Berlin sehen wir uns in der Verantwortung, auf die gravierenden Auswirkungen dieser Pläne hinzuweisen.

Gefährdung der sozialen Infrastruktur

Die geplanten Einsparungen bedrohen die soziale Infrastruktur Berlins in vielfältiger Weise:

  • Reduzierung von Unterstützungs- und Beratungsangeboten für Familien, Kinder und Jugendliche

  • Einschränkung im Bereich der Familien- und Jugendförderung

  • Kürzung im Bereich der Väterarbeit

  • Reduzierung der Schulbezogenen Jugendsozialarbeit

  • Kürzungen bei integrationsfördernden Projekten

Diese Einschnitte führen zu einem erheblichen Verlust an sozialer Stabilität und Unterstützung für vulnerable Gruppen in unserer Stadt. 

Besondere Betroffenheit: 

  1. Integrationslots*innen

Besonders besorgniserregend sind die geplanten Kürzungen im Bereich des Landesprogramms für Integrationslots*innen. Dieses Programm ist essentiell für die Integration und Unterstützung von Berliner*innen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Die Kürzungen hätten hier dramatische Folgen:

  • Verlust wichtiger Brückenbauer*innen zwischen Verwaltung und migrantischen Communities

  • Wegfall niedrigschwelliger Unterstützungsangebote in benachteiligten Quartieren

  • Teilweise Beendigung der befristeten Arbeitsverträge oder Reduzierung der Arbeitszeiten, was zu existenzbedrohenden Einkommensverlusten für die Beschäftigten führt

  • Verwehrung der Möglichkeit zur Einbürgerung aufgrund von Teilzeitbeschäftigung

Diese Einschnitte gefährden nicht nur die Existenz der engagierten Integrationslots*innen und auch mitunter der Stadtteilmütter, sondern auch den sozialen Zusammenhalt in unserer diversen Stadtgesellschaft.

 

  1. Pilotprojekt Familienzentrum an Grundschule

Das PFH hat im August 2023 an der Otto-Wels-Grundschule berlinweit den ersten Standort eines Familienzentrums an einer Grundschule eröffnet und ist von der Wirkung und den Möglichkeiten dieses innovativen Ansatzes überzeugt. Die Kürzungen gefährden dieses vielversprechende Modellprojekt und hätten dramatische Folgen: 

  • Einschränkung niedrigschwelliger Unterstützungsangebote für Familien im Grundschulkontext 

  • Gefährdung der Bildungspartnerschaft zwischen Eltern und Schule

  • Verlust wichtiger Brückenbauer*innen zwischen Familien, Schule und Sozialraum

     

  1. Schulsozialarbeit

Die Schulsozialarbeit ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Berliner Bildungslandschaft und gewährleistet, dass Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer sozialen Herkunft Zugang zu unterstützenden Angeboten erhalten. Durch Kürzungen der Projektmittel sowie der schulischen Bonusmittel wird die Arbeit der Schulsozialarbeiter*innen erheblich eingeschränkt.

Diese und weitere geplante Kürzungen haben weitreichende Folgen:

  • Reduzierung präventiver Angebote und sozialpädagogischer Gruppenaktivitäten

  • Einschränkung individueller Beratungsangebote für Schüler*innen und Familien

  • Verminderte Unterstützung für eine steigende Zahl von Kindern mit psychischen Belastungen und Verhaltensauffälligkeiten

  • Erhöhung der Belastung für Lehrkräfte durch fehlende Unterstützung

  • Gefährdung der qualitativen Arbeit durch Reduzierung von Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. 

Bereits vor den geplanten Einsparungen konnte die Schulsozialarbeit den vorhandenen Bedarf nicht decken. Die jetzt drohenden Einschränkungen verschärfen soziale Ungleichheiten und Bildungsbenachteiligung und gefährden die Stabilität des gesamten schulischen Unterstützungssystems.

 

  1. Väterarbeit

Besonders alarmierend ist die geplante komplette Streichung des erst im Herbst 2023 neu gegründeten Angebots "Väter im Zentrum" am Standort Nachbarschafts- und Familienzentrum Steinmetzstraße. Dieses innovative Projekt muss aufgrund der Kürzungen bis zum 2. Quartal 2025 vollständig abgewickelt werden. Die Auswirkungen sind gravierend:

  • Verlust einer wichtigen Anlaufstelle für Väter und werdende Väter in der Region
  • Wegfall spezialisierter Beratungs- und Unterstützungsangebote für Väter
  • Einschränkung der Möglichkeiten zur Stärkung der Vater-Kind-Beziehung
  • Rückschritt in der Förderung der aktiven Vaterrolle und der Gleichberechtigung in der Familienarbeit
  • Erhöhtes Risiko für soziale Isolation und psychische Belastungen bei Vätern

Diese Kürzung bedeutet einen erheblichen Rückschritt in der Unterstützung von Vätern und der Förderung ihrer aktiven Rolle in der Familienarbeit, was langfristig negative Auswirkungen auf die Familiendynamik und die kindliche Entwicklung haben kann.

 

Wir fordern von Politik und Verwaltung:

  1. Refinanzierung der Tariferhöhung: Die tarifbedingten Erhöhungen der Personalkosten müssen außerhalb der Projektförderungen über die Tarifvorsorge übernommen werden, um weitere Reduzierung der Angebote zu verhindern.

  2. Ausstellung der Zuwendungsbescheide für das ganze Jahr: Um zumindest eine gewisse Planungssicherheit zu gewährleisten, benötigen die Träger dringend Zuwendungsbescheide bis Ende des Jahres. Ein Großteil der aktuellen Bescheide beläuft sich nur über das erste Quartal.

  3. Differenzierte Prüfung statt pauschaler Kürzungen: Anstelle von pauschalen Kürzungen fordern wir eine genaue, wirkungsorientierte Prüfung der einzelnen Bereiche und Projekte. Es sollte sorgfältig evaluiert werden, welche Bereiche oder Projekte Kürzungen verkraften können, ohne ihre wesentlichen Ziele und Wirkungen zu gefährden.

Diese Forderungen zielen darauf ab, einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Umgang mit den notwendigen Einsparungen zu gewährleisten und gleichzeitig die wichtige Arbeit der sozialen Einrichtungen und Projekte bestmöglich zu schützen.

Das Pestalozzi-Fröbel-Haus steht weiterhin für einen konstruktiven Dialog mit Politik und Verwaltung bereit, um gemeinsam Lösungen zu finden und die soziale Infrastruktur Berlins zu erhalten und zu stärken.

Berlin, 20. Februar 2025

Bild: Halfpoint